Gewaltprojekt

Titel:
Zivilisation und Gewalt


Kurzbeschreibung:
In diesem Forschungsprojekt gehe ich der Frage nach, in welchem Verhältnis Moderne und Gewalt zueinander stehen. Diese Frage ist nach den Gewaltexzessen und der Destruktivität des 20. Jahrhunderts, das in dieser Hinsicht sicherlich ein Jahrhundert der Extreme war, in der Soziologie bislang nur unzureichend und unsystematisch beantwortet worden. In gängigen Selbstbeschreibungen der Moderne finden sich nach wie vor Vorstellungen einer im Großen und Ganzen gelungenen Einhegung von Gewalt, die jene strikt historisiert, marginalisiert oder exterritorialisiert hat, so dass Gewalt in ihren vielfältigen Theoretisierungen – sofern sie überhaupt vorkommt – als Früheres, Fremdes oder rein Pathologisches aufgefasst wird. Dagegen möchte ich anhand zentraler Charakteristika der ‚Makroverbrechen’ des 20. Jahrhunderts (wie dem Holocaust, dem stalinistischen Terror und der Weltkriegsgewalt) zeigen, dass diese spezifisch moderne und keineswegs zufällige Ereignisse waren, um darüber ein Verständnis für die wechselseitige Bedingtheit von bestimmten Gewaltformen und der modernen Zivilisation zu gewinnen. Dazu habe ich einerseits untersucht, was die Zivilisations- und Kulturtheorien von Sigmund Freud, Alfred Weber, Norbert Elias und Max Horkheimer / Theodor W. Adorno zur Erkenntnis der Zusammenhänge von Moderne und Gewalt beitragen, ob und wie sie die ‚Makroverbrechen’ in ihre Theoriegebäude integriert haben und welche Perspektiven man jeweils aus ihrer Sichtweise auf diese Formen der Gewalt gewinnen kann. Aus der Kritik an den Schwächen und Versäumnissen dieser Theorieansätze habe ich andererseits mit dem theoretischen Ansatz von Zygmunt Bauman versucht, zu einem adäquaten Verständnis des Verhältnisses von Moderne und Gewalt zu kommen. Mir geht es dabei um die Herstellung eines begründeten Zusammenhangs zwischen der Destruktivitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts und der modernen Zivilisation sowie um den Nachweis einer grundlegenden Ambivalenz der Moderne in Bezug auf die Gewalt. Die genannten Makroverbrechen fallen nämlich keineswegs aus dem Rahmen der Moderne heraus, sondern sind die wohl fatalsten Entwicklungsmöglichkeiten der Moderne.


Laufzeit:
1996-2000


Art des Projekts / Förderung:
Habilitationsprojekt / ---


Projektbezogene Publikationen:
Moderne und Gewalt. Zivilisationstheoretische Perspektiven auf das 20. Jahrhundert, Wiesbaden 2005.
Schattenseiten der Moderne: Zygmunt Baumans Perspektive auf den Stalinismus, in: Matthias Junge / Thomas Kron (Hrsg.), Zygmunt Bauman, Opladen 2002, S. 143-182.
Der Staat als Gärtner. Absolute Ordnung: Zygmunt Baumans Beiträge zu einer Deutung des Stalinismus, in: Frankfurter Rundschau vom 20.3.2001, S. 22.
Moderne und postmoderne Perspektiven der Gewalt, in: Sighard Neckel / Michael Schwab-Trapp (Hrsg.), Ordnungen der Gewalt, Opladen 1999, S. 147-160.