Sozialstrukturanalyse

Titel:
Sozialstrukturelle Folgen von Verschuldungskrisen in Ländern der Peripherie – Eine komparative Studie zu Mexiko und Argentinien

Kurzbeschreibung:
Dieses Forschungsprojekt geht auf ein weit verbreitetes Unbehagen mit der Erklärung von Entwicklungsprozessen in Lateinamerika zurück. In der Regel standen in diesbezüglichen Untersuchungen ökonomische und/oder politische Prozesse im Mittelpunkt, ohne dass die Frage nach den gesellschaftlichen Subjekten und Trägern von politischen und ökonomischen Prozessen gestellt wurde. Ebenso wurde das politische Verhalten von Klassen und Schichten beinahe vollständig ausgeklammert, obwohl dies zu einem adäquaten Verständnis von Entwicklungsprozessen unerlässlich ist. Die Untersuchung ging von der Hypothese aus, dass es im Gefolge der enormen Geldkapitalzuflüsse im Zuge der externen Verschuldung und der nachfolgend eingetretenen Verschuldungs- und Entwicklungskrise in den Ländern der peripheren Moderne nicht nur zu bedeutsamen Veränderungen der Produktionsstrukturen, sondern gerade auch zu Veränderungen der Sozialstrukturen kommt, die ihrerseits wieder Rückwirkungen auf die Entwicklungsoptionen eines Landes haben. In den krisenhaften Anpassungsprozessen verschieben sich nämlich nicht nur die quantitativen Relationen des Klassen- und Schichtengefüges, sondern es kommt auch zu einer beträchtlichen qualitativen Restrukturierung der Machtpotenziale einzelner Gruppen der Gesellschaft. Sozialstrukturen sind nichts Statisches, sondern sie unterliegen einem ständigen Veränderungsprozess, da sich in ihnen dynamische gesellschaftliche Verhältnisse ausdrücken. Um die Sozial- und Klassenstrukturen an den paradigmatischen Fällen Argentinien und Mexiko sowohl in ihrer Struktur- als auch in ihrer Prozesshaftigkeit zu erfassen, wurde für den empirischen Teil der Studie zum einen eine große Menge sozialstatistischen Materials (Bevölkerungszensen, Bevölkerungsumfragen etc.) ausgewertet und neu zusammen gestellt sowie Sekundärliteratur gesichtet und mit ökonomischen Daten korreliert; zum anderen wurde eine Reihe qualitativer Interviews mit wichtigen Repräsentanten von Organisationen und Institutionen einzelner Gruppierungen der Gesellschaft durchgeführt, um auf diese Weise der subjektiven Seite objektivierter Verhältnisse näher zu kommen. Die mit der Verschuldung einher gehenden gesellschaftlichen Differenzierungsprozesse und die mit den Anpassungskrisen verbundenen sozialstrukturellen Verwerfungen haben insgesamt zu einer beträchtlichen Heterogenisierung der Sozialstrukturen beider Länder geführt, innerhalb derer eine starke Ausweitung von Armut und Informalität bei gleichzeitiger Einkommens- und Reichtumskonzentration feststellbar ist.

Laufzeit:
1987-1989

Art des Projekts / Förderung:
Dissertationsprojekt / Graduiertenstipendium des Landes Hessen

Projektbezogene Publikationen:
Klassenstrukturen in Lateinamerika. Eine komparative Studie zu den sozialstrukturellen Folgen der Wirtschaftskrise der 80er Jahre in Argentinien und Mexiko, Münster 1991.
Die mexikanische Sozialstruktur, in: Dietrich Briesemeister / Klaus Zimmermann (Hrsg.), Mexiko. Politik, Wirtschaft, Kultur, Frankfurt/M. 1992, S. 267-290 [zweite überarbeitete Auflage 1996].